du liest cool genug, gregors newsletter über digitale kultur.
drei “in eigener sache”-sachen:
ich habe für podstars einen gigantischen fictionpodcast namens flüsterwelt entwickelt und geschrieben. es ist eine mystery-geschichte über eine frau, die eines tages eine fremde stimme in ihrem kopf hört. seit gestern sind die ersten drei folgen online. hört rein oder lest denise fernholz’ interview mit mir.
in meiner neuen brand eins-kolumne geht es um den “ikea-effekt” und wie es digitalen content verändert, wenn wir ihn uns selbst zusammenbauen.
in einer podcastfolge, die ich für die br-reihe radioreportage gemacht habe, geht es um DAOs, und damit um in der digitalen welt geborene arbeitsformen.
Heute gibt es in cool genug eine Premiere.
ChatGPT, das neue GPT-3-Interface von OpenAI ist gerade all over the internet — zurecht. Es ist der zugänglichste und beste kreative Chatbot, den ich je genutzt habe — und er kann scheinbar alles. Man gibt Text ein, und erhält sofort eine Antwort, egal ob in Form von normalem Text, eines Gedichts oder Computercode.
Meine ersten Experimente mit ChatGPT bestanden vor allem daraus, Theaterstücke über Krypto-Scams zu schreiben, Christian Schiffer Mord zu erlauben und die vielen offensichtlichen Schwächen der KI auszukundschaften:
Aber wie weit kann man damit wirklich gehen?
Dieser Newsletter ist mein Versuch, das herauszufinden. In einer erschöpfend langen Chat-Session habe ich ChatGPT so lange mit Prompts zugeballert, bis eine komplette gruselige Whodunit-Krimi-Geschichte daraus entstanden war. Quasi alles wurde von der KI entwickelt: Das Setting, die Charaktere, die Interaktionen der Charaktere, die Handlung, die Auflösung, und der Titel.
Es steckt natürlich trotzdem jede Menge von mir selbst in dieser Geschichte. Viele meiner Anfragen waren sehr spezifisch (z.B. “Der Bösewicht stirbt am Ende wegen seiner größten Charakterschwäche. Wie passiert das?”) und viele der KI-Antworten entstanden erst nach genauem Anpassen von Prompts und Wegklicken von teilweise dutzenden Vorschlägen, die mir nicht gefallen haben. Der fertige Plot musste außerdem, obwohl er erstaunlich stringent war, in einigen Aspekten etwas redigiert werden. Außerdem habe ich ganz am Anfang aus irgendeinem Grund entschieden, mir die Charakternamen selber auszudenken.
Für die Illustrationen habe ich ChatGPT nach Beschreibungen von Szenen und Figuren gefragt, und diese in Midjourney eingegeben.
Mein Original-Gespräch mit ChatGPT lässt sich hier nachlesen. (Ich empfehle zuerst die Geschichte in diesem Newsletter zu lesen, und anschließend das Chat-Protokoll, um so ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie entstanden ist)
So ging es los:
Und so ging es weiter:
In meinem Atem heult der Wind
In einem verfluchten Schloss werden sechs Fremde zu Geiseln eines teuflischen Plans. Werden sie entkommen? Wer ist der Mörder?
Das Herrenhaus, umgeben von dichten Wäldern und nebligen Mooren, ist seit Jahren verlassen. Es wird gemunkelt, dass die Geister seiner früheren Bewohner dort spuken.
Doch sechs Menschen lassen sich davon nicht abschrecken:
Julian Baker ist ein junger und ehrgeiziger Journalist, der bei seinen Recherchen für eine Reportage über übernatürliche Ereignisse in der Gegend auf das verlassene Herrenhaus stößt.
Copernicus von Engelbrecht ist ein charmanter und exzentrischer alter Mann, der sich als der rechtmäßige Besitzer des verlassenen Herrenhauses vorstellt. Copernicus ist hochintelligent und manipulativ.
Laurence Edelstahl ist der Ehemann von Clara Broom und ein erfolgreicher Geschäftsmann. Laurence ist praktisch veranlagt und besonnen, aber er kann auch besitzergreifend und kontrollierend sein und versucht oft, die Handlungen seiner Frau zu kontrollieren. Laurence scheint sich für die Geschichte des Hauses sehr zu interessieren.
Clara Broom ist eine exzentrische Antiquitätensammlerin und die Frau von Laurence Edelstahl. Sie ist auf der Suche nach einem seltenen und wertvollen Möbelstück, von dem es heißt, es sei in den Mauern des Hauses versteckt.
Miss Smith ist eine junge Frau, die versehentlich im Herrenhaus gelandet ist, nachdem sie sich auf dem Weg zu ihrer Familie verlaufen hat. Sie ist naiv und vertrauensselig und anfällig für die Manipulationen von Copernicus. Sie ist sehr mitfühlend und stellt die Bedürfnisse anderer oft über ihre eigenen.
Loden Barstool ist ein hartgesottener Privatdetektiv, der heimlich von Julian Bakers Redakteur engagiert wurde, um ein Auge auf den Journalisten zu werfen. Loden Barstools geradliniger und misstrauischer Ansatz kollidiert mit den anderen Figuren in der Gruppe, was zu Spannungen und Unstimmigkeiten führt.
Alle Figuren treffen scheinbar zufällig im Anwesen ein. Kurz darauf zieht ein heftiger Sturm auf, und ein Stromausfall macht es den sechs unmöglich, die Villa zu verlassen. Der Sturm führt auch dazu, dass das alte und baufällige Haus noch tückischer wird — lose Dielen und bröckelnde Wände machen es für die Charaktere immer gefährlicher, sich fortzubewegen.
Copernicus von Engelbrecht, der Besitzer des Hauses, lädt die anderen ein, die Nacht hier zu verbringen. Besonders angetan hat es ihm die junge Miss Smith — die sich in ihren Büchern rund um okkulte Orden und Geheimorganisationen vergräbt. Copernicus scheint sich sehr für ihre Leidenschaft zu interessieren, und verspricht ihr, seine eigenen Theorien mit ihr zu teilen.
Auf der Suche nach antiken Erbstücken entdeckt Clara Broom einen versteckten Raum mit alten, verstaubten Büchern und Dokumenten, die mit den früheren Bewohnern des Herrenhauses in Verbindung stehen. Sie findet Hinweise darauf, dass das Haus einst einer mächtigen und wohlhabenden Familie gehörte, der man Verbindungen zu dunkler Magie und unheimlichen Menschenexperimenten nachsagte. Clara behält dieses Geheimnis für sich.
Um Mitternacht erfüllt ein Schrei das Anwesen: Miss Smith hat in einem der verlassenen Räume des Herrenhauses eine Leiche entdeckt! Copernicus von Engelbrecht wurde brutal ermordet — sein Körper ist mit mysteriösen Symbolen übersäht.
Miss Smith berichtet, was passiert ist: Copernicus hatte Miss Smiths Leichtgläubigkeit ausgenutzt, um sie in eine der verborgenen Kammern des Hauses zu führen. Dort wollte er ihr alles über die düstere Geschichte des Hauses erzählen. Doch dann ließ er sie überraschend allein. Als er nach einigen Minuten immer noch nicht zurück war, war Miss Smith selbst aufgebrochen — und hatte seine Leiche aufgefunden.
Privatdetektiv Loden untersucht den Tatort und entdeckt einen Hinweis: Ein kleines, kunstvoll geschnitztes Kästchen. Das Kästchen ist verschlossen, und genau wie die Leiche mit geheimnisvollen Symbolen übersäht. Loden ist entschlossen, das Kästchen zu öffnen und seine Geheimnisse zu lüften.
Clara Broom hat sich unterdessen mit ihrem Mann Laurence Edelstahl zusammengetan, um weiter das Anwesen zu erforschen. Laurence’ kontrollsüchtiges Verhalten gegenüber seiner Frau sorgt für Spannung zwischen dem Paar. Dann machen sie eine furchtbare Entdeckung: Sie sind nicht allein.
Clara und Laurence finden ein junges und verängstigtes Mädchen, das sich in einem der verlassenen Räume versteckt. Sie ist blass und abgemagert, und lebt offensichtlich schon seit einiger Zeit in der Villa. Sie hat große Angst vor Laurence und Clara — scheinbar hält sie die zwei für Geister.
Clara und Laurence bringen das Mädchen zu den anderen. Loden stellt fest, dass das verängstigte Mädchen einen Schlüssel bei sich trägt, mit dem sich das geheimnisvolle Kästchen öffnen lässt.
Im Inneren des Kästchens findet Loden eine Sammlung verstaubter Dokumente. Aus ihnen geht hervor, dass die Familie, der das Anwesen gehört, Teil einer Geheimgesellschaft war: Der “Orden der schwarzen Hand”. Das kleine Mädchen, das sie gefunden haben, scheint die Tochter der Familie zu sein, und damit das Opfer der finsteren Experimente des Ordens. Das Mädchen lebt seit Jahren allein im Haus, in Angst vor den angeblichen Geistern ihrer Familie. Auch deshalb hat sie Angst vor unseren Hauptfiguren, die sie ebenfalls für Geister hält.
Und noch etwas geht aus den Dokumenten hervor: Copernicus war gar nicht der Besitzer des Hauses! Tatsächlich war er auch ein Mitglied des “Ordens der schwarzen Hand”.
Nun erfahren wir die Identität von Copernicus’ Mörder: Es ist… das kleine Mädchen! Sie hatte Copernicus durch die Gänge schleichen sehen und für einen der Geister gehalten. Daraufhin hatte sie ihn angegriffen und getötet.
Im allgemeinen Schock über die Enthüllung zieht Laurence Edelstahl plötzlich eine Waffe und richtet sie auf die anderen. Er enthüllt, dass er insgeheim mit Copernicus von Engelbrecht verwandt ist — und außerdem der Sohn der ehemaligen Besitzer des Anwesens und ein Mitglied des Ordens der Schwarzen Hand. (Aufmerksame Leser haben gemerkt, dass Laurence sich von Beginn an besonders für das Haus interessiert hat.)
Wir lernen, dass Laurence alle anderen Figuren in das Haus gelockt hat, um sein angestammtes Haus zurückzuerobern, die düsteren Experimente seiner Familie fortzusetzen und dem Orden wieder zu seinem alten Glanz zu verhelfen. Die anderen wurden von ihm hierher gelockt, um Teil dieser Experimente zu werden: So hat er beispielsweise Julian Baker davon überzeugt, in die Villa zu kommen, indem er Gerüchte über paranormale Aktivitäten gestreut hat, und hat Clara Broom von wertvollen Antiquitäten im Haus erzählt.
Laurence hält die Pistole auf Clara, Loden, Miss Smith und Julian gerichtet — da steht das kleine Mädchen, das selbst jahrelang das Opfer von Laurence’ Orden war, plötzlich auf und stellt sich ihm entgegen. Laurence spürt etwas Eigenartiges — ist es dunkle Magie? Er erschrickt und feuert versehentlich seine Waffe ab. Clara Broom, seine Frau, fällt tot zu Boden.
Es kommt zum finalen Showdown. Während der Sturm draußen immer wilder tobt, scheint das Haus allmählich in sich zusammenzubrechen. Loden nutzt das kleine Kästchen, das er gefunden hat, um es nach Laurence zu werfen und abzulenken. Miss Smith und das kleine Mädchen nutzen die Gelegenheit und verschanzen sich kurz in dem geheimen Zimmer, das Clara zuvor entdeckt hat.
Schließlich raufen unsere Helden sich zusammen und überwältigen Laurence gemeinsam. Dabei müssen alle Helden ihre Schwächn überwinden: Das kleine Mädchen muss seine Angst und Unsicherheit bezwingen. Miss Smith muss ihre Naivität ablegen, und sich von Laurence’ Lügen nicht beeindrucken lasen. Loden muss trotz seiner misstrauischen Natur lernen, seinen neuen Freunden zu vertrauen, da sie nur gemeinsam überleben können.
Als Laurence feststellt, dass er verloren hat, verliert er die Kontrolle über seine Emotionen, und schießt wild um sich. Doch ein Trick des kleinen Mädchens — ist es dunkle Magie? — sorgt dafür, dass er sich selbst in die Brust schießt, und sofort stirbt. Sein Stolz ist sein Verderben.
In der letzten Szene der Geschichte verlassen Miss Smith, Julian, Loden und das kleine Mädchen das Haus, erschüttert, aber am Leben. Mit einem letzten Blick auf das Haus sagt das Mädchen leise: “Ich komme zurück, und dann nehme ich mir, was mir zusteht.”
Und jetzt?
Generative KI verändert die Welt. Nicht in der Zukunft. Heute.
Natürlich wird generative KI nicht einfach alles kreative Schaffen ersetzen. Aber die Zahl der Aufgaben, bei denen sie einen wertvollen Beitrag leisten kann, wächst täglich. Das Zusammenspiel von und die Differenz zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz wird jetzt gerade entschieden. Die Zukunft wird gebaut, vor unseren Augen.
Manchmal ist es einfacher, nicht groß in Theorie zu verfallen, sondern die Technologie für sich sprechen zu lassen. Denn je wichtiger sie wird, desto wichtiger werden Menschen, die mit ihr umgehen können.
Mein Original-Gespräch mit ChatGPT, aus dem diese Geschichte hervorgegangen ist.
Außerdem
Gregor woanders
Flüsterwelt. spotifylink podcastlink
»Flüsterwelt«: Wie schreibt man einen Fiction-Podcast, der nie zu Ende geht? podstars.de
Der Ikea-Effekt. brandeins.de
DAOs: Digitale Genossenschaften. br.de
Content
Kolumne einer künstlichen Intelligenz. taz.de
Der Anti-Webvideopreis 2022. youtube.com
Cloudbusting. dirt.substack.com
What’s the Story Behind This Egirl Face? An Investigation. jezebel.com
Soll das ein Soundtrack für das Buch sein? pop-zeitschrift.de
Meet Unstable Diffusion, the group trying to monetize AI porn generators. techcrunch.com
Fandom
Hello traveler…have ye heard about TikTok Dabloons? theverge.com
Goncharov. dirt.substack.com
Menschen und Maschinen
Who Took The First Selfie? youtube.com
Toddler selfies. theatlantic.com
Connection, Creativity and Drama: Teen Life on Social Media in 2022. pewresearch.org
Trevor Rainbolt: the man who saw the world. theface.com
Dystopia
Über Twitterhimmel und Twitterhölle. beritmiriam.substack.com
How Valve is Profiting from Steam's Back-Door Casinos. youtube.com
Online mobs are now coming for student journalists. washingtonpost.com
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