du liest cool genug, gregors newsletter über tech und digitale kultur.
Der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke ist neben 2001: Odyssee im Weltraum vor allem für dieses Zitat bekannt:
"Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht mehr zu unterscheiden."
Es ist schwer, bei diesem Satz aktuell nicht an KI zu denken, insbesondere Text-zu-Bild-Generatoren wie DALL-E und Stable Diffusion, Text-Generatoren wie GPT-3, und all die vielen kleinen Tools, die damit zusammenhängen und noch kommen.
Wenn man Dinge sieht wie dieses Concept Art für eine nicht-existierende Black Panther-Serie…
…oder diesen Werbetext für einen Tesla…
…und anschließend erfährt “Das hat übrigens eine KI gemacht”…
Dann kann man drei Dinge tun:
Man verleugnet das irgendwie und behauptet, dass generative KI trotzdem Quatsch ist
Man versucht, sich näher damit zu beschäftigen
Man denkt “Ist halt Zauberei”
Möglichkeit 1 langweilt mich ehrlich gesagt zu Tode, aber die Spannung zwischen Möglichkeit 2 und 3 finde ich interessant — auch weil ich sie mittlerweile selber im Bekanntenkreis erlebe.
Gerade Möglichkeit 3, die Zaubereithese, wirkt gerade auf viele Menschen verlockend: Eine revolutionäre Technologie kommt angaloppiert, tut Dinge, die eigentlich immer nur Menschenaufgabe waren, und kündigt dabei auch noch an, erst am Anfang ihrer Entwicklung zu stehen, demnächst wird das alles noch krasser. Was soll das bitte sein, wenn nicht Magie?
Die Maschinen, die diese viralen Posts generiert haben, erscheinen in diesem Szenario wie Zauberer, und alle, die beeindruckt zuschauen, sind wie Muggel, hilflos im Abseits und unfähig, den Zauberstab selber einzusetzen.
KI-Defätismus.
Nur hier ist das Problem mit dieser These:
Wir sind keine Muggel. Und Generative KI ist keine Zauberei. Sie ist ein Werkzeug.
Es gibt Berufe, die KI nicht bis kaum betroffen sein werden (Imker und Fliesenleger werden ist glaube ich wirklich eine ziemlich gute Idee). Aber bei den meisten der sogenannten “Wissensberufe” wird das anders sein. Es ist immer schwerer, sich eine Zukunft vorzustellen, in der Marketing-Manager, Juristinnen, Journalisten, Software-Entwicklerinnen (!), Consultants und Designerinnen diese Technologien nicht in irgendeiner Form in ihren Arbeitsalltag integriert haben werden.
Das heißt nicht, dass diese Leute in ihren Jobs ersetzt werden. Nicht nur fehlen gerade in Deutschland überall Fachkräfte, weil der Fachkräftemangel unsere Wirtschaft und Gesellschaft kaputtnagt… Allgemein ist die Zahl der Wissensberufe, die tatsächlich komplett von KIs übernommen werden können, wahrscheinlich relativ gering. Aber wie hoch die Zahl der Wissensberufe ist, die ohne diese Tools auskommen werden? Unsicher.
Die Entwicklung digitaler Tonaufnahmen hat den Beruf des Audioproduzenten nicht abgeschafft. Die Entwicklung von Tools wie Canva hat den Beruf des Grafikdesigners nicht abgeschafft. Aber wer heute als Audioproduzent oder Grafikdesigner anfängt und sich weigert, digitale Tonaufnahmesoftware oder Canva zu lernen… der hat es schwer. So ähnlich könnte es mit KI laufen.
Die größte Gefahr für deinen Job ist nicht KI. Sondern andere Leute, die KI nutzen.
Und weil ich eine von Natur aus verängstigte Person bin, habe ich versucht, der Revolution zuvorzukommen und…
Ich habe mich in einen ChatGPT-Bot verwandelt
Nicht, um meine Arbeit zu automatisieren. Aber weil die kleinen Schritte, die dafür nötig waren, mir sehr viel darüber beigebracht haben, wie generative KI funktioniert… und was man damit anstellen kann.
Das Folgende ist kein technisches Tutorial (wer Interesse daran hat, etwas ähnliches zu tun, dem empfehle ich Tutorials auf YouTube, Google mit dem Modifier site:reddit.com, die OpenAI-Website, das API-Tool Postman und, für die ein oder andere technische Frage, tatsächlich ChatGPT selbst).
Das Folgende ist, stark verkürzt, mein Reise bei dem Versuch, mich selbst in einen Bot zu verwandeln, inklusive des Ergebnisses.
Schritt 0. Theorie
Das “Large Language Model” GPT-3 von OpenAI ist die Basis für alle großen viralen “KI-Text”-Anwendungen der letzten Wochen und Monate. Dazu gehören natürlich ChatGPT, aber auch spezialisierte Tools wie der Essay-Helfer Lex und das Fiction-Schreib-Tool Sudowrite.
GPT-3 wurde mit einer begrenzten Menge an Material trainiert und hat von Natur aus bestimmte Vorlieben beim Verarbeiten und Präsentieren dieser Informationen.
Es gibt aber Möglichkeiten, GPT-3 anzupassen, umzucoden, und es für spezielle Aufgaben zu rüsten, bei denen man sich von der KI unterstützen lassen möchte.
Die Methode, die ich für dieses Beispiel nutze, nennt sich “Fine-Tuning”. Hier nutzt die KI weiterhin alles, was sie schon vorher gelernt hat, wird aber durch zusätzlich hochgeladene Informationen massiv beeinflusst.
Schritt 1. Material sammeln
Um mich selbst in einen Bot zu verwandeln, musste ich erst einmal entscheiden, wer ich eigentlich bin. Die Antwort: Ich bin alle Texte, die ich in diesem Newsletter und in meiner Brand Eins-Kolumne bisher veröffentlicht habe.
Diese Texte habe ich etwas gereinigt (d.h. Begrüßungen und Linklisten entfernt, etc), in Passagen unterteilt und diese in das API-kompatible Format (.jsonl) exportiert.
Am Ende standen über 90.000 Wörter Material zur Verfügung.
Schritt 2. GPT-3 trainieren
Damit GPT-3 Texte im Gregor-Stil schreiben kann, muss GPT-3 also mit meinen Texten gefüttert werden. Das kostet ein bisschen Geld (worth it? Die Screenshots am Ende dieses Textes können diese Frage beantworten) und ein bisschen Herumfrickeln mit OpenAIs API.
Anschließend bekommt GPT-3 die Gelegenheit, sich meine Texte anzutrainieren, meinen Stil und meine Themen zu analysieren und seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen, was einen Text von Gregor Schmalzried ausmacht.
Schritt 3. Meinen Bot nutzen
Und das war’s! Sobald GPT-3 mit dem Training fertig ist, kann man in OpenAIs “Playground” den Bot benutzen – und nach Belieben Texte generieren.
Die folgenden Screenshots sind einige meiner persönlichen Lieblingstexte meines Gregor-Bots.
Der weiß unterlegte Text stammt jeweils von mir, der grün unterlegte stammt unverändert von meinem Bot.
Ja, sie sind nicht sehr gut.
Aber auch irgendwie… doch.
Matthew Robinson und Arthur09 sind (natürlich) beide nicht real, der Bot hat sie sich auf der Suche nach Themenideen ausgedacht.
Auch “Wegener’s Gaze” hat der Bot erfunden (er hat also ironischerweise Recht, dass dieser Newsletter die erste Erwähnung des Begriffs ist).
😬
Über diesen Ausschnitt meinte meine Frau: “Das klingt eins zu eins, als hättest du das geschrieben.” 👀
Und jetzt…?
Ich hatte sehr viel Spaß mit dem Gregorbot. Auch weil ihn zu bauen nur einen Nachmittag gedauert hat.
Manche Sachen kann er gut: Stil nachahmen, Themenfelder identifizieren, steile Thesen aufstellen.
Das meiste andere kann er schlecht.
Aber wichtiger ist: Der Prozess, mit dem der Gregorbot entstanden ist, war gar nicht so anders als der Prozess, mit dem die oben verlinkte Tesla-Werbung gebaut wurde. Auch dieser Werbetext kam nicht einfach magisch aus der KI-Dose. Er ist das Ergebnis von Prozessen, Experimenten und Ideen. Bei fast allen tollen KI-Sachen, die man im Internet bestaunen kann, waren Menschen mitverantwortlich.
KI ist keine Zauberei. Sie ist ein Werkzeug.
Und das heißt: Man kann sie trainieren. Man kann mit ihr experimentieren. Man kann versuchen, sie zu nutzen.
Nur sie zu ignorieren… Das wirkt wie eine immer schlechtere Idee.
Außerdem
Mia Insomnia
Wer noch nicht in meine neue Hörspielserie mit Bastian Pastewka reingehört hat… Sie ist spannend und immer noch da :) ardaudiothek.de
KI
Künstliche Intelligenz: Spricht die Werbung bald mit uns? br.de
Tinder users are using ChatGPT to message matches. mashable.com
Apple Books quietly launches AI-narrated audiobooks. theverge.com
Nick Cave über KI. theredhandfiles.com
GPT-3 Is the Best Journal I’ve Ever Used. every.to
The first NeRF (Neural Radiance Field) in a TV commercial. twitter.com
ChatGPT listed as author on research papers. nature.com
Content
First-person Tetris. firstpersontetris.com
Explaining corecore: How TikTok's newest trend may be a genuine Gen-Z art form. mashable.com
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Warum die App BeReal sterben muss. berliner-zeitung.de
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The Quest for a Dumber Phone. every.to
The vanishing designer. doc.cc
Hypersincerity. coldhealing.substack.com
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